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Carl Ferdinand Max Hauptmann, Pseudonym Ferdinand Klar, (* 11. Mai 1858 in Obersalzbrunn, Provinz Schlesien; † 4. Februar 1921 in Schreiberhau im Riesengebirge, Niederschlesien), Bruder von Gerhart Hauptmann, war ein deutscher Dramatiker und Schriftsteller.

Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.

Carl Ferdinand Max Hauptmann, Pseudonym Ferdinand Klar, (* 11. Mai 1858 in Obersalzbrunn, Provinz Schlesien; † 4. Februar 1921 in Schreiberhau im Riesengebirge, Niederschlesien), Bruder von Gerhart Hauptmann, war ein deutscher Dramatiker und Schriftsteller.

#20 Brief an Carl Hauptmann

Datierung 1918-10-24
Absendeort Landsberg/Warthe, Deutschland (heute: Gorzów Wielkopolski, Polen)
Verfasser Toller, Ernst
Beschreibung

Brief, 4 S., M

Provenienz AdK, Berlin, Carl-Hauptmann-Archiv, Nr. K161
Briefkopf -
Personen Hauptmann, Carl
Toller, Ernst
Hauptmann, Carl
Werke Die Wandlung

Sehr verehrter Herr Hauptmann,

nach vielen Umwegen hat mich Ihr so lieber Brief erreicht; ich bin nämlich inzwischen aus dem Heeresdienst entlassen worden.

Er traf zu einer rechten Stunde ein: da Zweifel und Mißmut zerrten. (Nicht an wesentlichen getanen äußeren und inneren Schritten … Tiefer noch.)

Und mir war, als ob Ihr Brief die Kraft hatte, das Netz, das aus Eisenklammern gefertigt schien, in ein Spinngewebe zu wandeln, das man nachdenklich lächelnd von sich tut.

Wenn es auch in letzten Dingen nicht helfen kann, aber froh macht es, daß Menschen wie Sie, sehr verehrter Herr Hauptmann, sich um mich sorgen und so herzlich an meiner Arbeit Anteil nehmen. –

Ich werde mich sehr, sehr freuen, wenn ich von Ihren neuen Werken etwas lesen dürfte. –

– Die Amnestie hat das Verfahren gegen mich bisher nicht berührt. Das Ermittlungsverfahren ist abgeschlossen, die Anklage wurde noch nicht erhoben.

Nun die letzten politischen und militärischen Ereignisse werden vielen, die bis dahin bewußt oder unbewußt sich Tücher um Kopf (und Seele) wanden, gezeigt haben, welch starke Berechtigung die Geschehnisse der damaligen Tage hatten. Es war vielleicht ein Moment von europäischer Bedeutung im Hinblick auf die gesamten Umstände in beiden Lagern. Daß er „verpaßt“ wurde, ist wie vieles andere früher noch entsetzlich.

Auch heute scheint noch keine wirkliche Klärung und „Entspannung“ einzutreten. Es ist, als ob man bei einem Knäuel verknoteten Bindfadens ein paar Knoten löst und das Knäuel sich immer mehr verwirren läßt.

Diese Zeit ist in ihrer Nacktheit für den Menschen so demütigend, höhnisch und gnadenlos.

Und doch – der Kampf ist ein zäher, aber noch ist nicht erwiesen, daß, wer sich ihr entgegenstemmt, unterliegt. Und unterliegen wirklich ein paar, so sind es wohl die innerlich Schwachen. Die den Glauben haben, werden nie unterliegen (auch wenn es scheinbar der Fall ist). –

Widerlich ist, wie sich jetzt die Krämer recken, die sich auf die Mechanik der Seele verstehen und ihr Instrument „umstimmen“. –

Ich grüße Sie sehr herzlich, sehr verehrter Herr Hauptmann.

In hoher Schätzung und Verehrung

Ihr Ihnen stets ergebener

Ernst Toller.

Landsberg a. d. Warthe 24.10.18

Goethestr. 4.

Ich habe mir erlaubt, Ihnen ein paar Arbeiten von mir zu senden. Da ich von dem Stück nur wenige Exemplare besitze, bitte ich Sie ergebenst, es mir gelegentlich zurücksenden zu lassen.

Dankbar wäre ich Ihnen, wenn Sie mir, falls es Ihre Zeit erlaubt, Ihr schonungsloses Urteil schrieben.