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Johann Wilhelm Muehlon (* 31. Oktober 1878 in Karlstadt; † 5. Februar 1944 in Klosters-Serneus (Kanton Graubünden)) war ein deutscher Rüstungsindustrieller und Diplomat.

Johann Wilhelm Muehlon (* 31. Oktober 1878 in Karlstadt; † 5. Februar 1944 in Klosters-Serneus (Kanton Graubünden)) war ein deutscher Rüstungsindustrieller und Diplomat.

Ernst Toller (*1. Dezember 1893 in Samotschin, Provinz Posen; gestorben am 22. Mai 1939 in New York City, New York) war ein deutscher Schriftsteller, Politiker und linkssozialistischer Revolutionär.

#25 Brief an Johann Wilhelm Muehlon

Datierung 1919-03-21
Absendeort München, Deutschland
Verfasser Toller, Ernst
Beschreibung

Brief, 3 S., T

mit handschriftlichen Eingriffen

Provenienz IfZ, München, ED 192: Walter, Hilde, Bd. 4
Briefkopf -
Personen Muehlon, Johann Wilhelm
Hagenet, ?
Massili, ?
Helnard, ?
Muehlon, Johann Wilhelm
Toller, Ernst
Institutionen Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD)
Hotel Marienbad

München, den 21. März 1919.

Sehr geehrter Herr Doktor!

Sie werden sich vielleicht wundern, daß ich mich in der letzten Zeit nicht an Sie gewandt habe, trotzdem ich natürlich von den Bestrebungen, Sie für München zu gewinnen, unterrichtet bin. Der Grund ist, daß ich mich nicht unbedingt freuen könnte, wenn Sie in das Ministerium träten, das auf der Grundlage des vom Rätekongreß angenommenen Beschlusses der Partei-Autoritäten gebildet wurde. Aus sachlichen Gründen, die mit unserer prinzipiellen Stellung zum Rätesystem und Parlamentarismus zusammenhängen, werden wir, U.S. München u. bisher Südbayerns, dieses bekämpfen müssen. Dann aber habe ich nicht die Überzeugung, daß dieses Ministerium fähig sein wird, die rücksichtslose sozialistische Arbeit (vor allem Sozialisierung!) zu leisten, die auf Grund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse notwendig ist. Wie lange dieses Ministerium bestehen wird, läßt sich nicht sagen. Lebensdauer hat es nicht. Die Revolution, auch beim zweiten Vorstoß künstlich erstickt, wird sich beim dritten Mal durchsetzen. Es können Monate darüber vergehen, aber sie wird vorbereitet sein, 1. im Bewußtsein und Willen des werktätigen Volkes, 2. in allen Organisationsfragen. Ich habe die feste Hoffnung, daß sie unblutig sein wird. – Das mußte ich zu Ihnen aussprechen.

Neulich hörte ich, Sie wären der Meinung, daß ich es unterlassen habe, Ihre Mitteilungen von jenem Abend im Hotel Marienbad weiterzugeben. Gestatten Sie, daß ich diesen Irrtum berichtige; noch am nächsten Tage unterrichtete ich die in Betracht kommenden Stellen, d. h. vor allem den Zentralrat, von Ihren Ausführungen.

Vor einigen Tagen war hier eine französische Kommission (Hagenet, Massili, Helnard). Ich hatte mit den Herren eine längere Unterredung, versuchte Ihnen die Grundlagen des Rätesystems, das wir für Deutschland erstreben, begreiflich zu machen und ich hatte den Eindruck, daß sie nicht ohne Verständnis für unsere Pläne waren; geschadet haben dem deutschen Volk die Schwerindustriellen und Bankiers, mit denen die Kommission konferierte.

Ich empfehle mich Ihnen bestens

in hoher Schätzung

Ihr sehr ergebener

Ernst Toller.